Im Abgasskandal hat die Staatsanwaltschaft Braunschweig jetzt Anklage gegen den VW-Aufsichtsratsvorsitzenden Hans Dieter Pötsch, den Vorstandsvorsitzenden Herbert Diess und den Ex-Chef Martin Winterkorn erhoben.
Die Staatsanwaltschaft wirft den Managern Marktmanipulation vor, weil sie den Kapitalmarkt zu spät über den Abgasbetrug und die daraus resultierenden finanziellen Folgen informiert hätten. Nach dem Wertpapierhandelsgesetz wäre der Konzern verpflichtet gewesen, die kursrelevanten Informationen und finanziellen Risiken umgehend zu veröffentlichen, damit die Anleger darauf reagieren können. Gegen diese Ad-hoc-Pflicht hätten die Beschuldigten im Zusammenhang mit den Abgasmanipulationen beim Dieselmotor des Typs EA 189 verstoßen, so die Staatsanwaltschaft Braunschweig.
Nach Ansicht der Staatsanwaltschaft hätten sich die Manger bewusst gegen die erforderliche Ad-hoc-Meldung entschieden, um den Kurs der Aktie stabil zu halten und so Verluste für die Volkswagen-AG zu vermeiden. Stattdessen sei versucht worden, ohne Offenlegung aller relevanten Umstände mit den US-Behörden einen Vergleich zu erzielen. Ein Versuch, der erwartungsgemäß scheiterte, so die Staatsanwaltschaft. Die Behörde geht davon aus, dass Winterkorn spätestens seit Mai 2015 sowie Pötsch und Diess spätestens seit Juni bzw. Juli 2015 vollständige Kenntnis von den Abgasmanipulationen und den finanziellen Risiken hatten. Dennoch sei die Ad-hoc-Meldung nicht erfolgt. Erst durch Veröffentlichungen der US-Behörden wurde der Abgasskandal schließlich am 18. September 2015 publik. VW veröffentlichte erst am 22. September 2015 eine entsprechende Ad-hoc-Meldung. Das Landgericht Braunschweig muss nun entscheiden, ob es die Anklage zulässt.
„Aus der Anklage wird deutlich, dass die VW-Spitze schon früher über die Abgasmanipulationen informiert war und diese Kenntnis offenbar unter den Teppich kehren wollte. Das bedeutet, dass geschädigten Aktionäre Schadensersatzansprüche geltend machen können“, sagt Rechtsanwalt Dr. Ingo Gasser.
Auf die zahlreichen Schadensersatzklagen geschädigter Autokäufer hat die Anklage gegen die drei Beschuldigten keine unmittelbaren Auswirkungen. „VW behauptet in den Verfahren nach wie vor, dass der Vorstand keine Kenntnis von den Abgasmanipulationen hatte und weist die Verantwortung zurück. Diese Argumentation ist nicht haltbar. Das wird auch durch die Anklage der Staatsanwaltschaft Braunschweig deutlich. Die Chancen, Schadensersatzansprüche gegen VW durchzusetzen, dürften durch die Anklage noch weiter gestiegen sein“, so Rechtsanwalt Dr. Gasser.
Ansprüche gegen VW können in der Regel noch bis Ende 2019 geltend gemacht werden.
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