Gute Nachrichten für geschädigte Verbraucher im VW-Abgasskandal um Fahrzeuge mit dem Dieselmotor EA 189: Sie können weiterhin Schadenersatzansprüche geltend machen. Als erstes Gericht hat das Landgericht Karlsruhe mit Urteil vom 4. Dezember 2020 entschieden, dass ein Anspruch auf Ersatz des Restschadens nach § 852 BGB besteht (Az.: 4 O 195/20). „Dieser Anspruch verjährt erst zehn Jahre nach seiner Entstehung. Frühestens also 2025“, erklärt Rechtsanwalt Dr. Ingo Gasser aus Kiel.
Der Kläger vor dem LG Karlsruhe hatte 2012 eine VW Tiguan mit dem Dieselmotor EA 189 gekauft. Als der Dieselskandal 2015 aufflog, folgten Rückruf und Software-Update. Erst Anfang 2020 machte der Kläger Schadenersatzansprüche geltend.
Der BGH hatte bereits im Mai 2020 festgestellt, dass VW im Abgasskandal wegen vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung grundsätzlich zum Schadenersatz verpflichtet ist. Das sah auch das LG Karlsruhe so. Allerdings seien die Ansprüche auf Schadenersatz wegen vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung nach § 826 BGB aufgrund der Kenntnis des Klägers von seinem Anspruch spätestens Ende 2019 bereits verjährt gewesen, stellte das LG Karlsruhe fest.
Das bedeutet jedoch nicht, dass der Kläger leer ausgeht. Denn nach § 852 BGB habe er immer noch einen Anspruch auf Restschadenersatz. Diese Regelung besagt, dass derjenige, der durch unerlaubte Handlung auf Kosten eines Geschädigten etwas erlangt hat, auch nach Verjährung des Schadenersatzanspruchs zur Herausgabe der ungerechtfertigten Bereicherung verpflichtet ist. „Übertragen auf den Abgasskandal bedeutet dies, dass VW den durch den Verkauf eines mangelhaften Fahrzeugs erzielten Gewinn wieder herausgeben muss“, erklärt Rechtsanwalt Dr. Gasser. Dieser Anspruch verjährt erst zehn Jahre nach seiner Entstehung.
Das Urteil des LG Karlsruhe ist zwar das erste zu Schadenersatz im Abgasskandal nach § 852 BGB. Völlig überraschend kommt es allerdings nicht. Verschiedene Gerichte hatten bereits deutlich gemacht, dass sie einen Anspruch nach § 852 BGB für möglich halten. Dazu gehörte auch das LG Kiel (Az.: 17 O 124/209). Auch hier wurde die Klage erst 2020 eingereicht. „Besonders bemerkenswert ist hier, dass VW die Einrede der Verjährung sogar fallen ließ, nachdem das Landgericht Kiel deutlich gemacht hatte, dass dem Kläger wohl ein Anspruch auf Restschadensersatz nach § 852 BGB zusteht“, so Rechtsanwalt Dr. Gasser.
Der BGH wird sich mit der Frage Verjährung im Abgasskandal in einer Verhandlung am 14. Dezember befassen. „Selbst wenn der BGH entscheiden sollte, dass die deliktischen Schadenersatzansprüche aus der vorsätzlichen sittenwidrigen Schädigung verjährt sind, können die Ansprüche auf Restschadenersatz nach § 852 BGB immer noch geltend gemacht werden“, erklärt Rechtsanwalt Dr. Ingo Gasser.
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