Zwei Auspuffrohre eines PkW stossen Abgase aus.

Mehr als 400.000 geschädigte Verbraucher haben sich der Musterfeststellungsklage gegen VW angeschlossen, um ihre Schadensersatzansprüche im Abgasskandal geltend zu machen. Das Musterverfahren wird am 30. September 2019 am OLG Braunschweig eröffnet.

Der Vorteil der Musterklage liegt vor allem darin, dass sich die Verbraucher ohne Prozesskostenrisiko beteiligen können. Dennoch gibt es inzwischen gute Gründe, sich von der Musterklage wieder abzumelden und die Ansprüche individuell durchzusetzen. „Die Rechtsprechung hat sich inzwischen eindeutig zu Gunsten der Verbraucher gedreht. Landgerichte quer durch die Republik haben den geschädigten Autokäufern Schadensersatz zugesprochen, weil sie von VW vorsätzlich sittenwidrig geschädigt worden seien. Noch wichtiger ist, dass auch die Oberlandesgerichte Köln, Koblenz und Karlsruhe diese Rechtsprechung inzwischen bestätigt haben. Gerade die Urteile der Oberlandesgerichte sind wegweisend für viele weitere Verfahren im Abgasskandal“, sagt Rechtsanwalt Dr. Ingo Gasser.

Wie hingegen das OLG Braunschweig im Musterverfahren entscheiden wird, ist völlig offen. Denn mit der Musterfeststellungsklage wird juristisches Neuland betreten, so dass Prognosen zum Ausgang nicht möglich sind. Zuletzt hat das OLG Braunschweig bereits Zweifel an einigen Feststellungszielen der Musterklage geäußert. Außerdem hat sich ausgerechnet der Gerichtsstandort Braunschweig bisher nicht als besonders verbraucherfreundlich bei Schadensersatzklagen erwiesen. Die Entscheidung im Musterverfahren ist allerdings verbindlich für alle Beteiligten. Fällt die Entscheidung zu Gunsten von VW aus, können die Verbraucher ihre Ansprüche anschließend nicht mehr individuell geltend machen.

Bis aber überhaupt eine rechtskräftige Entscheidung gefällt wird, können Jahre vergehen. VW selbst rechnet nicht vor 2023 mit einem Urteil. Rechtsanwalt Dr. Gasser hält diese Einschätzung durchaus für realistisch. „Nach einer Entscheidung des OLG Braunschweig wird die unterlegene Partei wahrscheinlich Revision einlegen, so dass der BGH das letzte Wort sprechen muss. Das kann dauern“, so Rechtsanwalt Dr. Gasser. Dann muss der persönliche Schadensersatzanspruch immer noch individuell eingeklagt werden. Während dieser Zeit verlieren die Fahrzeuge immer weiter an Wert. Wird VW dann noch der Anspruch auf eine Nutzungsentschädigung zugesprochen, bleibt vom Schadensersatz voraussichtlich nicht mehr viel übrig.

„Besonders der Zeitfaktor und die hohen Erfolgsaussichten sprechen dafür, die Schadensersatzansprüche gegen VW jetzt in einer Einzelklage geltend zu machen. Dieser Weg führt deutlich schneller zum Ziel“, sagt Rechtsanwalt Dr. Gasser.

Auch wenn sich Verbraucher bereits der Musterklage angeschlossen haben, ist damit der Weg für die Einzelklage noch nicht verbaut. Bis zur Eröffnung des Musterfeststellungsverfahrens am 30. September 2019 können sich Verbraucher der Klage noch anschließen oder sich wieder abmelden. Die Verjährung ihrer Ansprüche ihrer Schadensersatzansprüche bleibt nach der Abmeldung noch für sechs Monate gehemmt.

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