Der Bundesgerichtshof hat im Mercedes-Abgasskandal mit Beschluss vom 28. Januar 2020 eine wegweisende Entscheidung getroffen und es Mercedes-Kunden deutlich erleichtert, Schadensersatzansprüche wegen einer unzulässigen Abschalteinrichtung geltend zu machen (Az.: VIII ZR 57/19).
Der BGH hat wichtige Entscheidungen zu zwei wesentlichen Punkten getroffen. Er hat klargestellt, dass eine unzulässige Abschalteinrichtung auch dann vorliegen kann, wenn es noch keinen Rückruf durch das Kraftfahrt-Bundesamt (KBA) gegeben hat. Zudem hat der BGH die Darlegung für betroffene Mercedes-Kunden wesentlich erleichtert. Demnach muss der Verbraucher nicht detailliert darlegen, wie die von Daimler verwendete Abschalteinrichtung im Einzelnen funktioniert. Diese Kenntnis könne vom Kläger gar nicht verlangt werden. Vielmehr sei es ausreichend, wenn es ausreichende Verdachtsmomente und greifbare Anhaltspunkte gebe, so der BGH. Dann müsse das Gericht dem Kläger auch Gehör schenken und dürfe ein angebotenes Sachverständigengutachten nicht ablehnen, so der BGH.
Genau das war in dem vorliegenden Fall aber passiert. Hier hatte ein Mercedes-Besitzer auf Schadensersatz geklagt. Er war überzeugt, dass Daimler bei seinem Fahrzeug mit einem Dieselmotor des Typs OM651 eine unzulässige Abschalteinrichtung verwendet. Zwar habe es für sein Fahrzeug noch keinen Rückruf gegeben, dafür habe das KBA aber andere Mercedes-Modelle, in denen der gleiche Motor verbaut ist, zurückgerufen. Außerdem ermittle auch die Staatsanwaltschaft im Zusammenhang mit manipulierten Abgaswerten beim Motor OM 651. Obwohl der Kläger auch die Einholung eines Sachverständigengutachtens anbot, wies das OLG Celle die Klage ab. Der Vortrag des Klägers sei unsubstantiiert und ins „Blaue hinein“. Eine weitere Beweisaufnahme sei daher erst gar nicht erforderlich.
Dieser Auffassung erteilte der BGH jetzt eine deutliche Absage. Das OLG habe einen Verfahrensfehler begangen und dem Kläger den Anspruch auf rechtliches Gehör verweigert. Es hätte den Sachvortrag des Trägers nicht als unzureichende Behauptung abtun dürfen. Der Kläger habe schlüssig und ausreichend greifbare Anhaltspunkte aufgeführt, auf die sich sein Verdacht stützt, so der BGH. Eine unzulässige Abschalteinrichtung liege nicht erst dann vor, wenn es einen Rückruf des KBA gebe.
Wegen eines formalen Fehlers hat der BGH die Klage letztendlich zwar abgewiesen, dennoch hat er die Darlegung für Mercedes-Kunden im Abgasskandal deutlich erleichtert. „Wegen des Verdachts einer unzulässigen Abschalteinrichtung ermittelt die Staatsanwaltschaft sowohl beim Motor des Typs OM 651 als auch beim OM 642. Beide Aggregate werden in zahlreichen Mercedes-Modellen eingesetzt, zu denen es auch schon Rückrufe gab. Die Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen bei Fahrzeugen mit diesen Motoren hat der BGH mit seinem Beschluss deutlich erleichtert. Darüber hinaus haben inzwischen auch zahlreiche Gerichte Daimler wegen der Verwendung einer unzulässigen Abschalteinrichtung zu Schadensersatz verurteilt“, sagt Rechtsanwalt Dr. Ingo Gasser, Kooperationspartner der IG Dieselskandal.
Mehr Informationen zu ihren Rechten im Mercedes-Abgasskandal
Noch keine Antworten