Banken werden gejubelt haben, als der BGH den Widerruf von Autokrediten im November 2019 einschränkte und bestimmte Klauseln in Darlehensverträgen für zulässig hielt. „Damit hat der BGH nicht entschieden, dass der Widerruf von Autofinanzierungen grundsätzlich nicht möglich ist. Banken sind auch andere Fehler unterlaufen, die den Widerruf noch Jahre nach Vertragsabschluss ermöglichen“, sagt Rechtsanwalt Dr. Ing Gasser.
Doch nun geht der Streit um den Widerruf von Verbraucherdarlehen, zu denen auch Autokredite gehören, ohnehin in die nächste Runde. Das Landgericht Ravensburg hat den Europäischen Gerichtshof mit Beschluss vom 7. Januar 2020 eingeschaltet und erhofft sich vom EuGH mehr Klarheit in bestimmten Punkten (Az. 2 O 315/19).
Die Fragen, die der EuGH nun klären soll, betreffen u.a. den Verzugszinssatz, die Berechnung einer Vorfälligkeitsentschädigung bei vorzeitiger Rückzahlung des Darlehens und das Kündigungsrecht des Darlehensnehmers aus wichtigem Grund.
Konkret geht es im einen Kreditvertrag der VW-Bank, den der Verbraucher zur Finanzierung eines VW Passat im Dezember 2015 geschlossen und im Januar 2019 widerrufen hatte. Der Kredit wurde von dem Autohaus, bei dem der Verbraucher den Pkw kaufte, vermittelt, so dass ein sog. verbundenes Geschäft vorlag.
Die Bank hält den Widerruf für unwirksam, da er nach Ablauf der 14-tägigen Widerrufsfrist erfolgt sei.
Entscheidet der EuGH nun, dass der Bank bei den Pflichtangaben zu Verzugszinsen, Vorfälligkeitsentschädigung und Kündigungsrecht Fehler unterlaufen sind, hätte dies weitreichende Folgen. Dann wäre die Widerrufsfrist nicht in Lauf gesetzt worden und der Widerruf noch Jahre nach Abschluss des Kreditvertrags möglich. „Dann könnten etliche Verbraucherdarlehen noch widerrufen werden, da die entsprechenden Klauseln nicht nur in den Verträgen der VW-Bank, zu finden sind, sondern auch von anderen Banken genutzt wurden. Eine wahre Widerrufswelle könnte die Folge sein“, so Rechtsanwalt Dr. Gasser.
Besonders interessant ist der Widerruf bei Autofinanzierungen. Denn hier liegt zwischen Kreditvertrag und Kaufvertrag häufig ein sog. verbundenes Geschäft vor. Das heißt, dass im Falle eines erfolgreichen Widerrufs nicht nur der Kreditvertrag, sondern auch der Kaufvertrag rückabgewickelt werden muss. Der Verbraucher gibt das Fahrzeug dann an die Bank und erhält im Gegenzug seine geleisteten Raten inkl. einer möglichen Anzahlung zurück.
Das macht den Widerruf natürlich besonders bei Fahrzeugen interessant, die vom Abgasskandal betroffen sind. Grundsätzlich spielt das aber keine Rolle. „Voraussetzung für einen erfolgreichen Widerruf ist, dass die Bank fehlerhafte Pflichtangaben oder eine fehlerhafte Widerrufsbelehrung verwendet hat. Ob es sich bei dem Fahrzeug um einen Diesel oder Benziner, um einen Neu- oder Gebrauchtwagen handelt, ist unerheblich“, erklärt Rechtsanwalt Dr. Gasser.
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